Kritische Fragen sind selten geworden, in deutschen Talkshows. Stattdessen sehen wir überwiegend weich gespülte Interviewer, die immer denselben Gästen immer dieselben, langweiligen und uninspirierten Fragen stellen.
Kritisch hinterfragen? Nachhaken? Jemanden auf eine klare Aussage festnageln? Fehlanzeige!
Doch manchmal geht es anders. Da bekommen Moderatoren, und auch die eingeladenen Gäste, plötzlich einen „kritisch-investigativen“ Schub.
Wie zum Beispiel neulich bei Markus Lanz (ZDF). Zu Gast waren u.a. Sahra Wagenknecht (Die Linke) und Hans Ulrich Jörges (Stern). Selten konnte man im deutschen Fernsehen erleben, dass jemand so feindselig, so aggressiv und so unfair angegangen wurde, wie Sahra Wagenknecht.
Lanz nervte mit immer derselben Frage zu Europa. Und benahm sich dabei wie ein unerzogenes Schulkind. „Euro raus oder rein…? Euro ja oder nein?“ Immer wieder pöbelte er auf unhöflichste Weise dazwischen, ließ der Politikerin keine Chance, seine Fragen zu beantworten. Wagenknecht blieb sachlich und gelassen: „Sie müssen mich auch ausreden lassen, wenn Sie mir Fragen stellen, sonst kann ich nicht antworten.“
Lanz reagierte trotzig, und der Stern-Kolumnist eilte ihm zu Hilfe. Gemeinsam versuchten sie, Wagenknecht nieder zu schreien. Der Gipfel der Peinlichkeit war erreicht, als ein beleidigter Jörges ätzte: „Ich habe Sie auch ausreden lassen, mit dem ganzen Stuss, den Sie hier verbreitet haben. Verantwortungsloser Stuss! “
Und Wagenknecht? Blieb immer noch gelassen. Ließ alle Angriffe an sich abprallen. Nahm die verbalen Attacken nicht persönlich. Konterte sachlich und souverän: „Herr Jörges, Sie waren auch schon mal niveauvoller!“
Chapeau! Ob man Wagenknecht mag, oder nicht. Ob man links wählt, oder nicht. Das war eine meisterhafte Reaktion!
Wadenbeißer rhetorisch geschickt in die Schranken zu verweisen, beim Thema zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen, das sind u.a. die Ergebnisse eines effektiven Medientrainings.
Professionelle Medientrainer vermitteln ihren Kunden – häufig sind es Politiker, Manager, Führungskräfte, Wissenschaftler oder Pressesprecher – genau dieses Know-how:
Sich nicht durch Suggestivfragen manipulieren zu lassen, Spekulationen, Vorurteile und Unterstellungen zu entlarven, Falschinformationen richtig zu stellen, sich nicht zu rechtfertigen, Negativassoziationen zu ignorieren, unfaires Verhalten nicht zu bewerten, Wadenbeißer souverän auszubremsen und mit einem selbstbewussten Lächeln zu punkten!
(18.01.2014)